In 15 Jahren um die Welt
Einmal im Leben eine Weltreise machen. Bei vielen steht dies auf der To-do-Liste.
Patrik (Sassin) hat sich diesen Traum erfüllt. Allerdings nicht wie meist üblich auf einem Kreuzfahrtschiff, sondern mit eigener Muskelkraft in einem Ruderboot.
Vor 15 Jahren ging die Reise los. Unzählige Kilometer auf den Flüssen, Seen und Meeren Europas legte er zurück. Wenn er einmal nicht sagt „hier bin ich schon gerudert“, dann kann man beinahe davon ausgehen, dass man dort schlichtweg nicht rudern kann. Am 15. August 2020 hatte er sein Ziel erreicht. Mit 40.077 km war er einmal um die Welt gerudert und hatte somit die erforderlichen Ruderkilometer für den Äquatorpreis geschafft. Er gehört nun zu dem erlauchten Kreis von ca. 800 Ruderern, denen dies bereits gelungen ist und er kann zurecht stolz auf diese Leistung sein.
Aber wie schafft man in doch recht kurzer Zeit so viele Kilometer zu rudern, wo es für manche gar eine Lebensaufgabe ist?
Erste Berührungspunkte mit dem Wanderrudern hatte Patrik bereits als Kind seit 1991 auf den Kinderwanderfahrten des Gymnasial-Turn-Rudervereins Neuwied (GTRVN). Hier wurden die Grundlagen für spätere Tages- und Wanderfahrten innerhalb Deutschlands gelegt. 2002 nahmen ihn die Alten Herren erstmals auf eine einwöchige Tour auf die Unstrut und Saale mit. 2004 folgten Fahrten auf Ems, Neckar und dem Rhein-Marne-, sowie Saar-Kohle-Kanal.
So richtig angefangen hat Patrik das Kilometersammeln allerdings erst 2005 als er neue Herausforderungen suchte mit seiner ersten Wanderfahrt des RC Kleinmachnow Stahnsdorf Teltow (RC KST) auf der Saima Seenplatte in Finnland. Es folgten weitere teils mehrwöchige Touren wie z.B. der Götakanal (Schweden), vom Porsangenfjord zum Nordkap (Norwegen), der Shannon (Irland), die Schiefen Ebenen (Polen), der Canal du Midi (Frankreich), die Vogalonga (Italien), der Bodensee und Hochrhein (Schweiz) und von Masuren (Polen) nach Berlin um nur einige Highlights zu nennen.
Patrik war aber nicht nur Teilnehmer bei Wanderfahrten, er organisierte auch selbst für seinen Heimatverein, den GTRVN, viele tolle Fahrten, mit denen er sein Kilometerkonto stetig auffüllen konnte. Hierzu zählt u.a. das Amsterdam-Light-Festival (Holland), die Nord-Holland-Rundfahrt, Hamburg sowie jährliche wiederkehrende Events wie die Spargel-, Burger- oder Gänsetour.
Ein weiteres probates Mittel um seinem Ziel immer näher zu kommen, war das Bestreiten diverser Marathons bzw. Regatten auf Warthe, Weser, Oste, Rhein, dem Genfer See, in Lüttich, sowie in den Niederlanden (Hart van Holland/Gesamtsieg, Noord-Holland-Tocht/Gesamtsieg oder Midwinter Tocht). Hier war Patrik äußerst erfolgreich und kann einige (Klassen-)Siege aufweisen. Besonders hervorzuheben ist der Gesamtsieg beim Rheinmarathon Düsseldorf 2015 und die 251 Ruderkilometer an einem Tag von Karlsruhe nach Neuwied beim AllYouCanRow 2018. Zu verdanken hat er dies unter anderem der Neuwieder Ruder-Gesellschaft (NRG), die ihn letztlich zum Marathonrudern gebracht und auch entsprechend gefördert hat. Sein Ruderkamerad Markus Müller war ihm dabei ein verlässlicher Partner und Freund. Zusammen haben die beiden viele Fahrten unternommen, so z.B. den gesamten Rhein entlang von Grenzach bis ans Ijsselmeer.
Verliehen wird der Äquatorpreis immer im Rahmen des Wanderrudertreffens des Deutschen Ruderverbandes (DRV) im Folgejahr, also in Patrik’s Fall in 2021. Das diesjährige 55. Wanderrudertreffen fand vom 10. – 12. September in Saarbrücken bei der Saarbrücker Rudergesellschaft Undine (SRG Undine) statt.
Eingeleitet wurde die Ehrung für Patrik und den zweiten Äquatorpreisträger des RC KST, Martin, mit einer Vorfahrt am Freitag von Großbliedersdorf in Frankreich nach Beckingen. Insgesamt 20 KSTler haben es sich nicht nehmen lassen, Ihre Preisträger zu begleiten, so dass die 47 km lange Saaretappe mit fünf RC KST-Booten bestritten werden konnte.
Am Samstag fand dann die Tagesfahrt des DRV von Beckingen nach Saarburg statt. 180 Ruderer aus Deutschland und Frankreich hatten sich zu dieser Fahrt angemeldet. Es ging mit 40 Booten, darunter ein Kirchboot sowie eine Barke, auf die 40 km lange Strecke. Auf dem Gelände der Ruderschule in Dreisbach wurde eine Mittagspause eingelegt, bevor es durch die Saarschleife in Richtung der ersten Schleuse in Mettlach ging. Da in der Großschifffahrtsschleuse geschleust wurde, konnten alle Boote mit einem Schleusengang auf die restlichen 20 km geschickt werden. In der Sportbootschleuse Serrig ging es dann aber deutlich enger zu. Selbst „Päckchen packen“ konnte nicht verhindern, dass zwei Boote umgetragen werden mussten. Die Tagesfahrt fand im Festzelt bei Buffet und Kaltgetränken einen würdigen Abschluss.
Der Festakt am Sonntag konnte corona-bedingt leider nicht wie ursprünglich geplant im Saarbrücker Schloss stattfinden. Er wurde stattdessen auf dem Gelände der SRG Undine im großen Festzelt durchgeführt. Dieses war stilvoll mit Flaggen verschiedener Rudervereine geschmückt. Weiße Stuhlhussen verliehen dem Festzelt ein edles Ambiente. Ein Bläser-Ensemble sorgte für musikalische Untermalung. Der eigentlichen Verleihung gingen die Grußworte durch Siegfried Kaidel dem Vorsitzenden des DRV sowie seinem potentiellen Nachfolger Moritz Petri und Arne Bach dem Vorsitzenden des Ruderbundes Saar voraus. Insgesamt 30 Äquatorpreise, darunter auch für Patrik’s Marathonpartner Gunter Glauch vom Wasser-Sport-Verein Düsseldorf (WSVD), wurden durch Gabriele Brahm verliehen. Leider waren nur etwa die Hälfte der Preisträger persönlich anwesend. Nach der anschließenden Ehrung zahlreicher neuer goldener Fahrtenabzeicheninhaber, unter anderem Dr. Andeas Laser NRG, Herbert Scheid NRG und Klara Pasch GTRVN, hielt Frau Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Festrede stellvertretend für die Partner und Förderer des Rudersportes. Matthias Sieg stellte im Anschluss daran die Arbeit des Förderkreises Wanderrudern vor. Einen Ausblick auf das nächste Wanderrudertreffen vom 16. – 18. September 2022 in Hannoversch Münden gab Jürgen Wenzel der Vorsitzende des Mündener Rudervereins. Auf das Schlußwort von Siegfried Kaidel folgte ein Sektempfang.
Patrik und Martin erhielten vom RC KST je eine Äquatorpreistorte in den Vereinsfarben mit einem essbaren Äquatorpreis. Das anschließende gemeinsame Kuchenessen rundete für Patrik das unvergessliche Wochenende ab.
Welche Ziele bleiben einem wenn man schon soviel erreicht hat? Für Patrik ist dies unter anderem eine Nord-Süd-Verbindung von der Nordsee bis zum schwarzen Meer zu errudern. Eine weitere Etappe hierzu startet er am 8. Oktober von Ulm nach Bratislava. Im nächsten Jahr wird hoffentlich der Traum wahr, Island mit dem Ruderboot zu erkunden. Aber da werden in den nächsten Jahren sicher noch viele weitere Gewässer aber auch Häkchen auf seiner ganz persönlichen Ruder-to-do-Liste hinzukommen.
So bleibt abschließend nur zu sagen „nach dem Äquatorpreis ist vor dem Äquatorpreis“.
Corinna Schneider