Drei-Flüsse-Tour mit Vierwaldstättersee
Nachdem das komplette Wanderfahrtsprogramm in diesem Frühjahr zwangsweise ausfallen musste, zum guten Schluss dann auch die Fronleichnamstour an den Vierwaldstättersee abgesagt wurde, entschieden Martin und ich uns, am verlängerten Fronleichnamswochenende eine coronakonforme Wanderfahrt zu zweit zu unternehmen. Vielleicht ist der Begriff „Drei-Flüsse-Tour“ etwas übertrieben, aber die 10 km auf dem Neckar und die immerhin 600 m auf der Lahn sollen nicht unterschlagen werden. Im Übrigen ruderten wir den Ober- und Mittelrhein von Germersheim über Mannheim, Nackenheim und Bacharach nach Neuwied. Welche Rolle der Vierwaldstättersee darin spielt, das kommt später.
Normalerweise gehören Martin und ich zu der Wanderfahrer-Spezies der „Bootshausschläfer“, was in Corona-Zeiten jedoch nur bedingt möglich ist. So baten wir, abgesehen von Bacharach, bei Verwandtschaft und Freunden um Asyl für jeweils eine Nacht. Rückblickend muss man sagen, dass diese Reisevariante nicht die schlechteste war.
Nachdem unser Chauffeur Marius uns am Mittwochabend nach Germersheim verfrachtet hat, starteten wir von dort am Donnerstagmorgen bei ruhigem Wasser und angenehmem Ruderwetter. Der Einblick in die zahlreichen urwaldähnlichen Altrheinarme weckte Lust auf eine Befahrung, aber die meisten haben nur eine Öffnung zum Hauptstrom. Bei Stromkilometer 400 passierten wir Speyer. Der mächtige Dom war noch lange zu erkennen. Nachdem wir die Autobahnbrücke bei Speyer unterquert hatten, bogen wir nach rechts in den Ketscher Altrhein ab. Dieser Altrheinarm hat zwei Öffnungen und ist bei Normalwasserstand befahrbar, so dass wir den kleinen Umweg riskieren konnten. Zunächst überquerten wir einen großen See bei mit sehr niedrigem Wasserstand und starkem Algenbewuchs. Danach ging es in den „Urwald“. Es wurde eng, strömte ordentlich und abgesehen von Vogelstimmen herrschte eine wunderbare Ruhe. Wir genossen die 6 km im wahrsten Sinne des Wortes „in vollen Zügen“. Nach diesem Naturerlebnis war der Anblick des kurz danach folgenden Hafenbereichs von Mannheim-Rheinau nur schwer zu ertragen. Am späten Mittag legten wir beim Mannheimer RC zu einer kurzen Mittagspause an. Der Blick auf Ludwigshafen mit seiner mächtigen alten Walzmühle, einem futuristischen Einkaufszentrum sowie zahlreiche Rheinbrücken war nicht unbedingt schön, aber durchaus interessant. Nach der Pause wurde es ungemütlich. Die beidseitigen Hafenanlagen von Mannheim und Ludwigshafen mit ihren gnadenlosen Spundwänden ließen das Wasser nicht zur Ruhe kommen. Zu allem Überfluss bescherten uns noch einige vorbeifahrende Yachten zusätzliche Wellen, so dass höchste Aufmerksamkeit angesagt war. Nach wenigen Kilometern waren wir froh, in den Neckar einbiegen zu können. Die nun folgenden 5 km auf glattem Wasser hatten wir uns redlich verdient. Am Bootshaus der Mannheimer Rudergesellschaft Baden (MARUBA) wurden wir bereits von unseren Gastgebern erwartet und ließen es uns den Rest des Tages bei Erdbeerkuchen, gegrilltem Lamm und anderen Köstlichkeiten gut gehen.
Am Freitag herrschte Kaiserwetter. Die 5 km auf dem Neckar, die wir in der Morgensonne zurücklegten, sollten sich im Nachhinein als die besten Ruderkilometer des Tages herausstellen. Ab Worms ließen uns die Motoryachten keine ruhige Minute mehr. Einen Umweg über den erheblich ruhigeren Erfelder Altrhein hatten wir nicht eingeplant, da dies die Tagesetappe um ganze 10 km verlängert hätte. Also waren wir den Motorbooten schutzlos ausgeliefert. Das lange Wochenende und die gerade erst aufgehobenen Corona-Reisebeschränkungen hatten wohl viele Menschen dazu bewogen, ihren Kurzurlaub am heimischen Rhein zu verbringen, was auf uns ja ebenfalls zutraf. Im Gegensatz zu unserem doch eher umweltschonenden Reisegefährt scheuten sich unsere „Mit-Kurzurlauber“ nicht davor, mit großer Geschwindigkeit und unerträglichem Lärm permanent um uns herumzukreisen. Dass niemand darauf achtete, dass Wellenschlag für Ruderboote nicht nur störend, sondern auch gefährlich sein kann, sei nur am Rande erwähnt. Ziemlich genervt durch das ständige Schaukeln und Aufpassen waren wir heilfroh, als wir kurz vor unserem Etappenziel in den Nackenheimer Altrhein abbogen. Unser heutiger Gastgeber, Bernd Schmidt II, hatte schon die Schuhe ausgezogen und stand im Wasser, um uns das Anlanden und den Ausstieg zu erleichtern. Nachdem wir das Boot sicher gelagert hatten, chauffierte Bernd uns nach Hause, wo wir von seiner Frau Wencke und seinen beiden Töchtern herzlich empfangen wurden. Den Abend verbrachten wir gemeinsam im Garten eines Bodenheimer Weingutes, wo wir uns nicht nur das Essen schmecken ließen.
Am Samstag ließ sich das Rudern zunächst recht gut an. Der Schiffsverkehr hielt sich in Grenzen und für Motorbootfahrer war es am Morgen eindeutig noch zu früh. Ab der Mainmündung ist man nicht mehr auf dem Oberrhein, sondern auf dem Mittelrhein unterwegs. Wir fuhren auf der Mainzer Seite und sahen uns das in den letzten Jahren entstandene Viertel auf dem Gelände des ehemaligen Mainzer Zollhafens von der Wasserseite aus an. Wir entschieden uns, weiterhin linksrheinisch zu bleiben und im ruhigeren Mombacher Fahrwasser zu rudern. Etwa auf Höhe des Schiersteiner Hafens kommt man zurück auf den Hauptstrom und schlagartig war es vorbei mit dem schönen Rudern auf ruhigem Wasser. Die vier bis fünf Motorboote, die sprithungrig vor einer Tankstelle herumdümpelten, ließen nichts Gutes für die Weiterfahrt erwarten. Durch den gesamten Rheingau begleiteten uns nun wieder zahlreiche mehr oder weniger große Motoryachten und pflügten das Wasser gnadenlos um. Die Mittagspause legten wir in Geisenheim ein, verzichteten aber auf die übliche Einkehr beim „Schaffer“. Im Binger Loch war das Wasser erstaunlich glatt und ab Beginn der Gebirgsstrecke hatte sich auch das Thema Motorboote überwiegend erledigt. Bei leichtem bis mittelstarkem Gegenwind ging es aufgrund der erhöhten Fließgeschwindigkeit recht gut voran. Gegen 15.30 Uhr erreichten wir unser Etappenziel Bacharach. An diesem letzten Abend fand sich niemand aus Familie oder Freundeskreis, der uns beherbergen konnte. Der Empfehlung eines ortsansässigen Ruderkameraden folgend, entschieden wir uns, das Abendessen bei „Zeus“ einzunehmen, einem Griechen mit mittelrheinischem Akzent. Leider konnten die unablässigen Scherze des Wirtes nicht über die mäßige Qualität des Essens hinwegtäuschen. Dennoch verbrachten wir einen schönen frühsommerlichen Abend in Bacharach.
Am Sonntagmorgen brachen wir für unsere Verhältnisse früh auf und genossen das morgendliche Rudern bei angenehmen Temperaturen und ohne störende Motorboote. Der Himmel zeigte sich wolkenverhangen und hin und wieder nieselte es leicht, was uns aber nicht weiter behinderte. Die Loreley passierten wir ohne jeglichen Schiffsverkehr. In Boppard wurden wir überraschend mit unserem ursprünglichen Fronleichnamsziel, dem Vierwaldstättersee, konfrontiert, der uns in Form eines Frachtschiffes entgegenkam. Schnell wurde ein Foto gemacht und an Stefan geschickt, dem Organisator der Vierwaldstättersee-Tour. Wir interpretierten die Begegnung als gutes Omen für das kommende Jahr, in dem die Tour zum Vierwaldstättersee dann hoffentlich stattfinden wird. In Lahnstein bogen wir in die Lahn ein, um die ruderbootgerechte Anlegemöglichkeit der RG Lahnstein für unsere Mittagspause zu nutzen. Danach ging es zurück auf den Rhein, der zwar auch an diesem wettermäßig schlechtesten Tag nicht ganz motorbootfrei war, aber immerhin zählten wir insgesamt nur 10 Yachten, was im Vergleich zu den Vortagen quasi nicht erwähnenswert war. Um Punkt 15 Uhr erreichten wir Neuwied. Christian, der zufällig in der Nähe war, hatte uns schon im Vorfeld gesichtet und stand bereit, um uns beim Transport von Boot und Gepäck behilflich zu sein. Die „Nimm Zwei“ wurde noch gründlich gereinigt, bevor unser Chauffeur Marius eintraf und uns zurück nach Hause brachte. Damit war der Kreis geschlossen und wir blicken auf eine kurzwellige und kurzweilige Drei-Flüsse-Tour mit Vierwaldstättersee zurück, mit der erwartungsfreudigen Aussicht auf eine tatsächliche Vierwaldstättersee-Tour im Jahr 2021!