Donau-Tetralogie

– Auf die Donau-Trilogie der Jahre 2011, 2012 und 2013 folgt nun die Fortsetzung von Wien nach Budapest –

In den Jahren 2011, 2012 und 2013 befuhren Martin und ich die Donau etappenweise von Ulm bis Wien. Nach längerer Pause haben wir es nun endlich geschafft, die Reise von Wien bis Budapest fortzusetzen. Um diese Strecke von etwa 320 km zu rudern, sind wir 2250 km mit dem Auto und etwa 250 km mit dem Zug gefahren. Was tut man nicht alles, um seine Träume zu verwirklichen. Aber ich kann schon einmal verraten, dass es sich 100%ig gelohnt hat!

Die 880 km lange Anreise von Neuwied zum Korneuburger Ruderverein Alemannia, nordwestlich von Wien, brachten wir, abgesehen von einer lästigen Autobahnsperrung bei Regensburg, am Sonntag, den 22.05.2022 gut hinter uns. In Korneuburg konnten wir unser Fahrzeug und unseren Bootsanhänger für die folgenden neun Tage freundlicherweise abstellen.

Mit freudiger Erwartung starteten wir am Montagmorgen zu unserer 1.Ruderetappe nach Hainburg (60 km). Es herrschte starker Gegenwind, aber die Strömung gewährleistete, dass wir trotzdem gut vorankamen. Den Donaukanal, der durch die Wiener Innenstadt führt, waren wir bereits beim letzten Mal gerudert. Daher hatten wir uns für die reguläre Streckenführung entschieden, die uns architektonisch mit dem Millennium-Tower und der UNO-City einen Eindruck vom modernen Wien vermittelte.

Millennium-Tower Wien

Nachdem wir schon fast befürchtet hatten, die Umtragestelle an der Schleuse Freudenau übersehen zu haben, tauchte sie ganz kurz vor dem Wehr zu unserer Erleichterung dann doch noch auf. Flussabwärts wird das Donauufer beidseitig von unzähligen auf Stelzen gebauten Fischerhäusern mit vorgelagerten Hebenetzen, die „Daubeln“ genannt werden, gesäumt. Leider haben wir keine der Daubeln im Echtbetrieb gesehen. Ein Banner am Stadtrand von Wien mit der Aufschrift „Stadt Wien enteignet die Daubelfischer kalt“ ließ auf ein konfliktträchtiges Miteinander von Behörden und Daubelfischern schließen. Im Hafen des Ortes „Orth“ legten wir zu einer späten Mittagspause an und ließen es uns im schönen Gastgarten gut gehen. Gegen 16.30 Uhr trafen wir am Etappenziel in Hainburg ein. Die Übernachtung im Hotel „Zum Anker“ war zwar etwas teurer als ein Bootshausquartier, erwies sich aber als guter Einstieg in unsere Tour. Beim abendlichen Erkundungsgang durch den mittelalterlichen Stadtkern stießen wir unverhofft auf ein Kleinod moderner Architektur. Ein renommierter österreichischer Architekt (Wolf D. Prix/Coop Himmelb(l)au) hatte seiner Geburtsstadt hier ein modernes Denkmal in Form einer evangelischen Kirche errichtet. Der stolze Pfarrer lud uns sogar ein, das zu den Top 50 der modernen Weltarchitektur gehörende Bauwerk von innen zu besichtigen. Nachdem wir bereits am ersten Tag so viele neue Eindrücke aufnehmen „mussten“, fielen wir erst einmal erschöpft in unsere Betten.

Kirchenneubau Hainburg

Auch zur 2.Etappe von Hainburg nach Bratislava hatte sich der Gegenwind wieder eingestellt. Die Kürze der Etappe (12 km) und die ordentliche Strömung ließen diesen Umstand jedoch als nebensächlich erscheinen. Wir passierten die Grenze zur Slowakei und bezogen unser Quartier im etwa 2 km oberhalb der Innenstadt gelegenen Kanuklub. Das alte Holzbootshaus war einfach ausgestattet, aber sehr gut in Schuss. Wir wurden von Matej freundlich empfangen und mit wertvollen Tipps für unseren Aufenthalt und die nachfolgende Ruderetappe versorgt. Wir hatten das Glück, dass wir gerade rechtzeitig an der Tourist-Info eintrafen, als eine Stadtführung in deutscher Sprache angeboten wurde. Neben den üblichen Informationen zur Geschichte und zu den Sehenswürdigkeiten Bratislavas erhielten wir interessante Hinweise zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage der Slowakei. Tief blicken ließ auch eine Äußerung der Stadtführerin „der Sozialismus habe dort gewütet“. Im Anschluss stiegen wir noch hoch zur Burg, um den Blick auf die Umgebung auf uns wirken zu lassen. Mit den unschönen Plattenbauten auf der gegenüberliegenden Donauseite und der Großbaustelle zur Errichtung eines hochpreisigen Wohn- und Geschäftsviertels direkt am Burgberg konnten die Gegensätze kaum größer sein.

Um die 3.Etappe (53 km) nicht mit knurrendem Magen antreten zu müssen, begaben wir uns am nächsten Morgen anhand der Beschreibung von Matej auf den Weg zum Brötchenkauf. Die mehrspurige Straße, die wir zweimal überqueren mussten, war so stark befahren, dass eine Kreuzung ohne Nutzung der Fußgängerampeln lebensgefährlich gewesene wäre. Für unsere Backwaren, die beim heimischen Bäcker etwa 4 € gekostet hätten, zahlten wir 0,94 €! Nach dem Ablegen passierten wir Bratislava noch einmal vom Fluss aus. Etwa 15 km weiter beginnt ein riesiger Stausee, an den sich bis zum Kraftwerk Gabcikovo ein 17 km langer und zwischen 280 und 670 m breiter Schifffahrtskanal anschließt, der von Ruderbooten nicht befahren werden darf. Die Planung dieses Stauwerkprojekts stammt noch aus der Zeit Stalins. Das Projekt war und ist hoch umstritten und wurde auf ungarischer Seite nie zu Ende gebracht. Es wurden gigantische Erdbewegungen durchgeführt, denen riesige Flächen an Auwäldern und Wiesen zum Opfer fielen. Grundwasserströme wurden durchtrennt, was verheerende Folgen für Natur und Menschen mit sich brachte. Da uns die Befahrung des Kanals nicht gestattet war, mussten wir unser Boot umtragen und in die „Alte Donau“ einsetzen.

Umtragen Alte Donau

Mit unserem Wagen klappte dies problemlos. Hatten wir uns unter der „Alten Donau“ ein schmales mäanderndes Flüsschen vorgestellt, so war dies ein Trugschluss. Die „Alte Donau“ war an den meisten Stellen ähnlich breit wie der Rhein. Einige Kilometer weiter mussten wir ein zweites Mal umtragen und das Boot unterhalb eines Wehres wieder einsetzen. An zahlreichen Stellen mündeten Altarme in die Donau, in denen auch weitere Wehre zu sehen waren. Alles andere, was wir im weiteren Streckenverlauf sahen, waren Auwälder, Auwälder und nochmals Auwälder! Da der Himmel immer grauer wurde, waren wir froh, als wir unser Ziel, ein einsames Café in der Nähe des Staudammes von Gabcikovo, erreicht hatten. Kaum hatten wir unser Boot aus dem Wasser geholt und sicher gelagert, begann es in Strömen zu regnen. Die weder Deutsch noch Englisch sprechende Cafébesitzerin verstand uns auch ohne Worte und bestellte uns postwendend ein Taxi, das uns zum Hotel bringen sollte. Die Fahrt nach Gabcikovo führte uns über die Staumauer, so dass wir zumindest in den kurzen Genuss kamen, einen Blick auf das fragwürdige Bauwerk werfen zu können. Unser Hotel lebte sein Alleinstellungsmerkmal als einziges Haus am Platz schon bei unserer Ankunft aus, indem man einen höheren als den vereinbarten Preis von uns forderte. Die Begriffe Kundenfreundlichkeit und Service schienen noch nicht bis in diese Region vorgedrungen zu sein. Das nicht vorhandene Flair der Kleinstadt tat sein Übriges dazu.

Am nächsten Morgen zeigte man sich jedoch großzügig und servierte mir zum Frühstück drei (!!!) hart gekochte Eier statt einem! Immerhin erschien unser freundlicher Taxifahrer vom Vortag pünktlich um 9.30 Uhr und fuhr uns zuverlässig zu unserem Boot zurück. Es waren noch 10 km „Alte Donau“ zu rudern, bevor sich diese mit dem Schifffahrtskanal vereinte. Von dort aus bot sich ein kurzer Blick auf die gigantische Staustufe. Auf dieser 4.Etappe (57 km) betraten wir erstmals ungarischen Boden, als wir zur Mittagspause in Gönyü anlegten. Die Staatsgrenze zwischen der Slowakei und Ungarn befindet sich ab Beginn der „Alten Donau“ bis hinter Esztergom in der Mitte der Donau. In Gönyü wurden wir von einer riesigen GTRVN-Fahne begrüßt. Oder war es die ungarische Fahne? Egal, wir fühlten uns jedenfalls durch die große Zurschaustellung unserer Vereinsfarben angezogen und zogen die Nimm Zwei zur Pausenlagerung auf den Kiesstrand.

Pause am Donaustrand

Das Heck ließen wir im Wasser, da uns bisher so wenige Schiffe begegnet waren, dass wir nicht mit nennenswertem Wellengang rechneten. In der gut besuchten Ausflugsgaststätte packten wir erstmalig unsere ungarischen Forint aus. Während die Slowakei längst den Euro eingeführt hat, hält Ungarn nach wie vor an der Landeswährung fest, deren Kurs sich selbst während unseres kurzen Aufenthalts nicht unbedingt verbessert hat. Man nahm auch gerne Zahlungen in Euro entgegen! Der einzige Frachter, der während der Pause vorbeifuhr hatte offenbar höhere Wellen verursacht als erwartet. Das Heck stand jedenfalls voller Wasser, so dass wir erst einmal unser ganzes Gepäck ausräumen und das Boot drehen mussten, bevor die Reise weiterging. Ohne weitere Pause ruderten wir bis zum Tagesziel, der slowakischen Festungs- und Schiffbaustadt Komarno.  Bevor wir in den Fluss Waag einbogen, den wir bis zu unserer Unterkunft im Kanuzentrum noch 3 km hoch rudern mussten, bot sich uns ein merkwürdiger Anblick. Es flog ein Hubschrauber vorbei, an dem sechs Menschen an einem Seil hingen. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine militärische oder polizeiliche Übung. Wir waren jedoch etwas irritiert. Bei der Ankunft erblickten wir zunächst nur ein schwimmendes Bootshaus, von dem aus sich gerade größere Mengen an Kindern in Kanus in Bewegung setzten. Offenbar hatte das Nachmittagstraining gerade begonnen. Wir wurden von Cheftrainer Tibor freundlich begrüßt, der uns jedoch vertrauensvoll an einen deutsch sprechenden Kanuten übergab, der uns in die großzügigen Räumlichkeiten des hinter dem Damm gelegenen Kanuzentrums einwies. Das komfortable Doppelzimmer mit Bad, die gut ausgestattete Küche und auch alle weiteren Räumlichkeiten ließen auf großzügige Geldgeber schließen. Das Zentrum der etwa 2 km entfernten Innenstadt ist der Europahof, ein moderner Platz, um den herum Bauten in allen möglichen europäischen Stilrichtungen arrangiert wurden. Man muss dies nicht unbedingt schön finden, aber die Idee ist sicherlich originell.

schwimmendes Bootshaus in Komarno

Bevor wir zur 5.Etappe von Komarno nach Esztergom (50 km) aufbrachen, frühstückten wir auf der schicken Bootshausterrasse. Den Kaffee mussten wir nicht selbst zubereiten, sondern bekamen ihn von Trainer Tibor gereicht. Wir hätten sogar Champagner trinken können, da auf einen Geburtstag angestoßen wurde, aber das haben wir (leider) zu spät realisiert! Zum Mittagspicknick legten wir an einem sehr schönen Sandstrand an, der sich jedoch als Fake-Strand entpuppte. Der Sand war nämlich künstlich aufgeschüttet worden. Kurz vor Esztergom bogen wir in einen schmalen Seitenarm der Donau ab und erreichten relativ früh den Ruderverein in Esztergom. Hier wurden wir sehr freundlich von Viktor auf Deutsch willkommen geheißen. Nachdem wir unser Lager im Kraftraum aufgeschlagen hatten, lud er uns zu einem Begrüßungsschluck ungarischen Weines ein. Im Gespräch stellte sich heraus, dass Viktor seit vielen Jahren freundschaftlichen Kontakt zu Ruderern aus dem Ruderverband Rheinland pflegt und bereits auf dem Rhein und der Mosel gerudert ist. So klein ist manchmal die Welt! Anschließend brachen wir zu unserer Erkundungstour auf. Zunächst besichtigten wir die auf dem Burgberg gelegene Basilika, die größte Kirche Ungarns. Esztergom war einstiger Königssitz Ungarns und gilt noch heute als „katholische Hochburg Ungarns“. Die Innenstadt wirkte dagegen eher bescheiden, was aber unter anderem daran lag, dass ein Teil der Stadt gerade saniert wurde. An diesem sommerlich warmen Abend herrschte jedenfalls reger Betrieb in Esztergoms Außengastronomie.

Esztergom

Am nächsten Morgen wurden wir von Viktors Frau verabschiedet, da dieser sich mit einigen Jugendlichen in Budapest auf Regatta befand. Wie schon am Vortag, war auch der 6.Rudertag (52 km) recht windig, wobei es sich glücklicherweise um Schiebewind handelte. Dadurch war das Wasser stellenweise sehr unruhig und wir ruderten nicht in Strommitte, sondern suchten den Windschatten in Ufernähe. Die bisher eher eintönige Landschaft wurde heute interessanter, da Ausläufer der Karpaten hier bis an die Donau reichen. Etwa 10 km hinter Esztergom befindet sich die slowakisch-ungarische Grenze, d.h. von nun an ruderten wir nun noch in Ungarn. Nachdem wir Visegrad passiert hatten, bogen wir an der „Innenseite“ des Donauknies in den Szentendre-Arm der Donau ab. Die Schifffahrt muss den Hauptarm der Donau nutzen. In einem nett aussehenden Restaurant legten wir die Mittagspause ein.

Statt dem vermeintlich bestellten Radler kam eine „Hazilemonade“. Unsere anfängliche Skepsis wandelte sich aber schnell in überraschte Zufriedenheit. Erstens war kein Hase (Hazi) in der Limonade und zweitens schmeckte die „Limonade des Hauses“ richtig gut. Nach der Pause war der heftige Wind weiterhin unser Begleiter. Unser heutiges Ziel war Szentendre, ein beliebtes Ausflugsziel vor den Toren Budapests. Wir hatten eine Hotelübernachtung gebucht und wollten gerne in der Nähe des Hotels an Land gehen. Wir holten das Boot daher an der einzig geeigneten Stelle aus dem Wasser, mussten aber feststellen, dass wir uns auf dem Gelände des Motor-Jachthafens befanden. Der freundliche Hafenmeister machte uns gleich ein Angebot und wollte 30 € für das Nachtlager unseres Bootes haben. Da wir nicht bereit waren, dieses großzügige Angebot anzunehmen, ließen wir unser Boot wieder ins Wasser und waren zunächst einmal ratlos. Das Ufer war an der kompletten Promenade des Ortes befestigt und bot keinerlei Möglichkeit, ein Ruderboot aus dem Wasser zu holen. Am Ortsende waren Uferwiesen zu sehen, was aber bedeutet hätte, dass wir unser Gepäck bei Ankunft und Abfahrt etwa 1 km hätten tragen müssen. Aber bekanntlich findet sich immer eine Lösung. Auf der gegenüberliegenden Uferseite sahen wir einen umzäunten Platz, auf dem Kanus und sogar Ruderboote lagerten. Also ruderten wir hinüber, legten an und suchten nach einem Ansprechpartner. Den fanden wir in der Person des 1.Vorsitzenden des dortigen neuen Wassersportvereins. Auch er stellte sich mit „Viktor“ vor und erlaubte uns, unser Boot auf dem Vereinsgelände (kostenlos) zu abzulegen. Dann stellte sich noch Monika vor, die uns am nächsten Morgen den Zugang zum Gelände verschaffen sollte. Die Überfahrt von der Insel nach Szentendre war kein Problem, da hier eine kleine Personenfähre verkehrt. Mit dem Preis von etwa 1 € pro Person und Überfahrt waren wir jedenfalls deutlich günstiger dran als mit 30 € für die Bootslagerung im Jachthafen! Die Aktion hatte uns zwar Zeit und Nerven gekostet, aber letztlich waren wir sehr zufrieden mit dieser Lösung. Wir suchten unser Hotel auf, drehten noch eine Runde durch die Gassen des schönen Ortes und aßen auf der Hotelterrasse in netter Atmosphäre zu Abend.

Am nächsten Morgen mussten wir auf unser Frühstück im Hotel verzichten, da wir uns zu einer festen Zeit mit Monika vom Wassersportverein der Szentendre-Insel verabredet hatten. Frühstück gab es jedoch erst ab 9 Uhr! Für einen normalen Sonntag vielleicht eine gute Zeit, für eine Ruderwanderfahrt jedoch deutlich zu spät. Also tranken wir nur einen Kaffee und setzten über zur Insel. Die 7.Etappe zu unserem Wanderfahrtsziel, dem am nördlichen Ende von Budapest gelegenen Külker Evezös Klub, betrug nur noch 13 km. Um 11.10 trafen wir dort ein. Wir hatten es geschafft! Die seit Jahren vor uns her geschobene Donau-Tour von Wien nach Budapest war kein unerfüllter Traum mehr, sondern Realität! Glücklich und stolz gingen wir an Land, baten einen Spaziergänger, ein Foto zu machen und hofften, dass unser Ansprechpartner des Rudervereins bald eintreffen würde.

In Budapest, genauer gesagt in Obuda, wurden wir nicht von einem Viktor, sondern von Ferenc, genannt Feri, in Empfang genommen. Auch er sprach gut Deutsch, zeigte uns unsere Unterkunft und gab uns wertvolle Tipps für unseren Aufenthalt. Wir bezogen unser Zimmer – Das Bootshaus verfügt über mehrere Gästezimmer mit eigener Küche und Sanitäranlagen. – und holten endlich unser am Morgen ausgefallenes Frühstück nach. Nachmittags fuhren wir nach Buda und schauten uns den Burgberg mit den dort gelegenen Sehenswürdigkeiten an. Präsident „Viktor“ begrüßte uns an seinem Amtssitz nicht persönlich, was wir aber nicht weiter schlimm fanden. Abgesehen von der Fahnengleichheit konnten wir bisher keine großen Gemeinsamkeiten feststellen. Am Abend entdeckten wir durch Zufall ein Lokal, das eine optimale Adresse für Marathon-Ruderer gewesen wäre. Man zahlte einen festen Preis, der nicht mal hoch war, und konnte so viele ungarische Köstlichkeiten essen wie man wollte. Auch wenn wir nur Wanderruderer waren, nutzen wir dies im Rahmen unserer Möglichkeiten schamlos aus. Dummerweise verstanden wir erst beim Bezahlen, dass auch die Getränke im Preis enthalten waren! Aber vielleicht war das auch gut so!

Auch wenn die Wanderfahrt eigentlich beendet war, mussten wir am Montag noch eine 8.Etappe dranhängen, da wir unbedingt noch die Passage durch Budapest rudern wollten. Also ließen wir unser Boot -dieses Mal ohne Gepäck- ein letztes Mal zu Wasser und ruderten in Richtung Innenstadt. Die Vorwarnungen von Feri, wir könnten viele Schiffe und Wellen antreffen, war gut gemeint, aber an diesem Morgen nicht nötig. Die einzigen Wellen, die wir antrafen, hatte ein Boot der Wasserschutzpolizei verursacht. Die Beamten schienen sich zu langweilen und forderten uns auf, nicht in der Mitte der Donau, sondern am Rand zu rudern! Wir leisteten dieser Aufforderung (kurz) Folge und fuhren dann weiter in der Mitte… Es war ein tolles Gefühl, an der weltbekannten Kulisse des ungarischen Parlamentsgebäudes vorbeizurudern und auf dem Burgberg den Burgpalast, die Matthiaskirche und die Fischerbastei liegen zu sehen. Jetzt hatten wir wirklich Budapest errudert! Wir fuhren noch ein Stück weiter, drehten dann auf und stromaufwärts ging es zurück nach Obuda zum Küler Evezös Klub (23 km). Am Nachmittag stand ein Rundgang durch den links der Donau gelegenen Stadtteil Pest auf dem Programm. Geprägt von großen Boulevards, unzähligen Prachtbauten und großstädtischem Trubel hebt sich dieser Teil der Stadt sehr stark vom rechts der Donau gelegenen Buda ab. Die berühmteste, die beiden Stadtteile verbindende Donaubrücke, die Kettenbrücke, befand sich gerade mitten in der Sanierung, so dass diese nur „verpackt“ angeschaut und nicht passiert werden konnte.

Der Dienstag diente ausschließlich der Logistik, da wir Fahrzeug und Anhänger zum Rücktransport des Bootes von Wien nach Budapest holen mussten. Wir brachen früh morgens auf zum Bahnhof Budapest-Keleti. Mit Bus, Vorortbahn und Metro brauchten wir 50 Minuten bis dorthin. Der Zug brachte uns dann in genau 2 ½ Stunden von Budapest nach Wien. Unglaublich, dass wir für diese Strecke mit dem Boot eine Woche unterwegs waren! Dann ging es weiter mit dem Regionalverkehr nach Korneuburg, wo wir Bus und Anhänger wohlbehalten vorfanden. Die Rückfahrt von dort nach Budapest dauerte etwa 3 ½ Stunden, wobei wir die letzte halbe Stunde im Feierabendverkehr von Budapest verbrachten. Immerhin hatte auch diese Aktion gut funktioniert, so dass wir uns auf einen letzten Tag in Budapest freuen konnten.

Am Mittwoch holten wie die Dinge nach, die wir Anfang der Woche nicht geschafft hatten. Neben einer familiengeschichtlichen Exkursion zur Belagerung Budapests am Ende des 2.Weltkriegs machten wir einen zweiten kurzen Rundgang durch das Burgviertel von Buda. In Pest besuchten wir das jüdische Viertel, fuhren mit der 1.Untergrundbahn auf dem europäischem Festland, drangen über den Heldenplatz bis zum Stadtwäldchen vor, wo wir uns eines der zahlreichen Thermalbäder Budapests zumindest von außen ansahen. Am Abend waren wir mit Feri vom Ruderverein und mit seiner Frau Ildiko zum Essen verabredet. So verbrachten wir den letzten Abend unseres Aufenthalts in sehr netter Gesellschaft bei einem gut Essen. Das Restaurant war auf Forellen spezialisiert, was Martin vor eine Herausforderung stellte. Nach dem Genuss eines Hähnchengerichts versicherte er, noch nie eine bessere Forelle als an diesem Abend gegessen zu haben!

Am Donnerstag traten wir um 6.30 Uhr in Budapest unsere 1100 km lange Heimreise an. Der ursprünglich geplante Zwischenstopp in Regensburg wurde wegen günstiger Verkehrslage ersatzlos gestrichen. So trafen wir um 20.20 Uhr nach einer staufreien Heimfahrt müde und hungrig zu Hause ein. Wir suchten noch den Biergarten am Neuwieder Rheinufer auf, um unseren Hunger zu stillen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, am Vorabend noch am Donauufer in Budapest gesessen zu haben, aber auch ein guter Wiedereinstieg in unser Leben zu Hause. Mit dieser Wanderfahrt haben wir unser Donauprojekt Ulm-Wien-Budapest erfolgreich abgeschlossen. Gerade dieses letzte Teilstück war ein ganz besonderes Erlebnis, von dem wir noch lange zehren und das wir in bester Erinnerung behalten werden.

Bettina Grzembke