Wie sich Traditionen verändern – Leverkusen-Tour 2023 –

Unser Leben wird bestimmt von Innovationen und Veränderungen. Als Ausgleich dazu müssen auch Traditionen gelebt werden. Die jährlich stattfindende Tagestour von Neuwied bis zum RTHC Bayer-Leverkusen ist eine solche Traditionsveranstaltung, die sich auch 2023 im Jahresprogramm des GTRVN wiederfand.

Die 87km-Tour wurde früher im nebligen Monat November am Buß- und Bettag durchgeführt. Nach Wegfall dieses Feiertags wich man zunächst auf Allerheiligen aus. Irgendwann wurde sie dann auf den Frühsommer verlegt. Zugegebenermaßen war es ein reiner Zufall, aber in diesem Jahr fiel der Termin tatsächlich auch auf einen früheren Feiertag, nämlich den 17.Juni, den ehemaligen Tag der Deutschen Einheit. Nun aber genug der Vorbemerkungen, wenden wir uns lieber den Geschehnissen der diesjährigen Tour zu.

Aquamarin beim Start

Am Morgen des 17.06.2023 fanden sich sechs Ruderinnen und fünf Ruderer am Bootshaus ein und setzten sich mit zwei fußgesteuerten Dreiern (Aquamarin und Donauwelle) und einem gesteuerten Vierer (Hameln) in Richtung Köln-Stammheim/Leverkusen in Bewegung. Aufgrund des extrem guten Sommerwetters waren Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor und Kopfbedeckung zwingend erforderlich. Herrschte zu Beginn noch reger Schiffsverkehr, so relativierte sich dies im Lauf des Tages. Es gab jedenfalls keine nennenswerten Schwierigkeiten oder brenzligen Situationen, die einer Erwähnung bedürften. Bis zur ersten Pause in Bad Honnef waren die Temperaturen noch ganz erträglich, was neben der Tageszeit auch dem zunehmenden Gegenwind geschuldet war.

Waldbaden in Bad Honnef

Im Schatten eines riesigen Ahorn-Baumes ließen wir uns zur Frühstückspause nieder. Der Durchmesser des Stammes war so enorm, dass man mehrere Personen gebraucht hätte, um den Baum zu umarmen. Man könnte die Pause auch fast als „Waldbaden“ bezeichnen. Nachdem unsere mitgebrachten Speisen verzehrt waren und einige Nachahmer mit unterschiedlichem Erfolg versuchten, Helenes herausfordernde Yoga-Übung auszuprobieren, begaben wir uns zurück in die inzwischen recht hoch am Himmel stehende Sonne. Bei einem kurzen Zwischenstopp in Bonn wurde Patrik gegen Corinna ausgetauscht, um die Hundebetreuung sicherzustellen.

Kuchen und Radler im Hafenschlösschen

Das Anlegen zur Mittagspause im Mondorfer Hafen gestaltete sich in diesem Jahr etwas problematisch, da der Steg der dortigen schwimmenden Bootshäuser von Feuerwehrleuten und ruderunkundigen Schülern bevölkert wurde. Die Geduldsfäden des einen oder der anderen von uns wurden stark strapaziert, aber als Gast musste man ja gute Mine zu lahmarschigem Spiel machen, damit man überhaupt anlegen durfte! Irgendwann war es vollbracht und wir konnten endlich zum Hafenschlösschen vordringen, wo wir bereits erwartet wurden. Das Kuchenbuffet und das Kultgetränk „Bergischer Radler“ hatten nichts von ihrem Reiz verloren und fanden reißenden Absatz. Sogar Patrik hatte sich mit seinem Deutschlandticket und dem ÖPNV einschließlich Hund bis nach Mondorf durchgekämpft. Er versicherte uns, dass es im Bus deutlich heißer gewesen sei als im Boot, wodurch etwaige Zweifel an unserem Projekt Leverkusen-Tour bei 30°C widerlegt waren.

Hameln im Rheinland

Nach der Pause ging es auf den heißesten Streckenabschnitt. Es gab nun auch keine hübsch anzusehenden Erhebungen mehr, die dem Auge etwas Abwechslung boten. Die Industrieanlagen von Wesseling und Umgebung trugen ebenfalls nicht dazu bei, dass man sich gedanklich mit etwas angenehm Kühlem beschäftigte. Auch das Vorbeirasen diverser Jetski-Fahrer lenkte unsere Gedanken eher auf den aus unserer Sicht überflüssigen Spritverbrauch als auf eine kühle Spritztour mit dem Wassermotorrad! Das mussten wir jetzt einfach aushalten. Ab der Stadtgrenze von Köln hatten sich unzählige Sonnenhungrige an den feinen Sandstränden im Süden der Stadt niedergelassen und vergnügten sich im kühlen Nass. Die Schattenmomente unter den Kölner Brücken waren zwar kurz, aber trotzdem immer wieder willkommen. Dem Kölner Dom im gleißenden Sonnenlicht wurde unsererseits nicht die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet wie sonst. Lediglich Sandra B., die Newcomerin der Tour, schoss das übliche Dom-Foto.

Der Gegenwind versuchte am Schluss noch einmal, uns den Abschluss zu vermiesen. Wir aber blieben relativ unbeeindruckt und legten gegen 17 Uhr am Steg des RTHC Bayer-Leverkusen an. Es stellte sich als hervorragende Idee heraus, Heiner als Chauffeur engagiert zu haben. Als Insider der Leverkusen-Tour wusste er genau, was er zu tun hatte, um uns die Ankunft so angenehm wie möglich zu gestalten. Auch Patrik hatte uns auf dem Landweg begleitet und stand mit helfender Hand bereit. Lediglich der Hund hatte das Nachsehen, da er kurzzeitig angebunden werden musste, was er mit lautstarkem Protest aller Welt kundtat. Die Transportwagen waren bereits im Bootshaus geholt worden und standen am Steg bereit. Auch der Anhänger war schon so vorbereitet, dass wir mit wenigen Handgriffen alle drei Boote samt Abdeckungen und Skulls verladen hatten.

Abschluss rot-weiß

Nun kam der krönende Abschluss der Tour, die Einkehr bei der freundlichen Wirtin der Bootshausgastronomie. Kölsch und Kölsch-Radler konnten gar nicht schnell genug gezapft werden. Die bei unserer Voranmeldung geäußerte Bitte, Frikadellen und Kuchen vorzuhalten, war leider nur in Bezug auf den Kuchen gehört worden. Der frisch gebackene Quark-Erdbeerbiskuit passte in der Farbzusammenstellung jedenfalls genau zu den Farben der Gaffel-Kölsch-Brauerei. War das Zufall? Nach dem Imbiss steuerte Heiner den Bootstransport sicher nach Neuwied zurück. Die Aquamarin-Mannschaft wurde von Sandra B. in deren Auto nach Neuwied chauffiert. Das Abladen und Reinigen der Boote machte niemandem sonderlichen Spaß, aber in routinierter Weise war alles schnell erledigt. Erschöpft, aber vollauf zufrieden, gingen wir auseinander.

Wie man sieht, verändern sich auch Traditionen. Wer hätte vor drei Jahrzehnten gedacht, dass die nebelfeuchte Buß-und-Bettagstour zu einer hitzigen Frühsommertour mutiert? Das Wichtige ist jedoch, dass diese Veranstaltung noch immer im Jahresprogramm des GTRVN zu finden ist und sie von den Teilnehmenden von Jahr zu Jahr mit neuem Leben gefüllt wird. In Vorfreude auf die Leverkusen-Tour 2024 beende ich diesen Bericht.

Bettina Grzembke