GTRVN goes VOGALONGA 2024
Was machen 2000 Boote und 8000 Ruderer an einem Sonntag im Mai um 9 Uhr in Venedig? Richtig, sie warten auf die Kanonenschüsse zum Start der 48. Vogalonga. Unter ihnen auch unsere 35 Ruderer mit den 7 Booten Hameln, Rolandsbogen, Julle, Rheinland, Marburg, Rheinhexe und Old Joe.
Die Vogalonga ist eine regattaähnliche Veranstaltung, die nur muskelbetriebenen Booten vorbehalten ist. Von klassischen Ruderbooten über Drachenbooten, Kanus, Kajaks, Gondeln, Barken, Kirchbooten und „Eigenkreationen“ ist alles dabei. Aufwendig geschmückte Boote, einheitlich gekleidete Mannschaften, selbstgebaute Abdeckungen, es gibt fast nichts, das es nicht gibt. Teilnehmer aus 29 Nationen aller fünf Kontinente finden sich an
Pfingsten in Venedig ein, um die Stadt einmal im Jahr für sich vom Wasser aus zu erobern. Fast 70 Prozent der Teilnehmer kommen dabei aus dem Ausland. Kein Vaporetto, kein Wasserbus bzw. -taxi darf zwischen 9 und 13 Uhr die Veranstaltung kreuzen.
Nach aufwendiger und akribischer Planung machten sich am 17. bzw. 18. Mai insgesamt 40 Personen im Alter von 16 bis 83 Jahren auf den Weg über die Alpen nach Punta Sabbioni. Einige wenige mit dem Flugzeug, größtenteils jedoch mit Autos und vor allem dem Bootsgespann. Dort angekommen wurden die Boote abgeladen, aufgeriggert und für den „großen Tag“ vorbereitet. Die Boote in Venedig anmelden sowie Teilnehmershirts und Startnummerleibchen abholen, stand als nächstes auf dem Programm.
Am Sonntagmorgen um 7 Uhr war es dann endlich so weit: die Ruderer machten sich zusammen mit ca. 30 weiteren Booten anderer Vereine auf die 10 Kilometer lange Überfahrt von Punta Sabbioni nach Venedig. Da zu dieser Zeit noch Vaporetti unterwegs waren, musste mit der ein oder anderen Welle gerechnet werden. Alle Mannschaften waren bei diesem „Aufwärmprogramm“ bereits mit viel Spaß dabei und wurden von ihren Steuerleuten sicher über die Lagune gebracht.
Die Boote sammelten sich auf Höhe der Piazza San Marco, dem weltberühmten Markusplatz. Eine Wahnsinnskulisse, bestes Wetter und ein grandioser Anblick der vielen unterschiedlichen Boote ließen die positive Anspannung schier unerträglich werden. Gänsehaut pur. Pünktlich um 9 Uhr fielen die Kanonenschüsse. Gefühlt alle 2000 Boote setzten sich gleichzeitig in Bewegung und machten sich auf die gut 30 Kilometer lange Runde. Die Schlachtrufe der Drachenboote mit ihren Trommlern vermittelte das Gefühl einer Wikingerinvasion. Recht gesittet ging es durch die erste 90 Grad Kurve zwischen Santelena und Certosa raus am Sant’Erasmo vorbei in Richtung Burano, der Fischerinsel.
Es ging um Burano herum, zwischen Mazzorbo und Mazzorbetto durch und dann über den Canal Scomenzera San Giacomo nach Murano, der Glasinsel. Von dort weiter mitten durch Murano über den Canal da Nove direkt auf Venedig zu. Endlich. Kurz vor der Ponte della Libertà dann allerdings „Stau“. Die Boote mussten vor der Einfahrt in den Cannale di Cannaregio warten, denn an der Ponte dei Tre Archi wurde es eng. Taucher der Polizia Navale übernahmen die „Verkehrsführung“. Mittels Handzeichen, Trillerpfeife und energischem Gebrüll wurde Boot für Boot der Weg durch einen der Brückenbögen frei gemacht. Notfalls wurde auch mal nachgeholfen und durchgeschoben.
Weiter ging es durch Venedig auf dem Canal Grande und unter der Ponte di Rialto hindurch. Zahlreiche Schaulustige säumten das Ufer und sorgten durch Klatschen und Zurufe für eine einzigartige Atmosphäre. Noch ein paar Minuten das Flair genießen, bevor die „Meute“ erneut den Bacino San Marco und damit das Ziel erreichte. Von einem Floß aus wurden die Teilnehmerzertifikate und die Radaddelchen förmlich in die Boote geworfen.
Doch zu Ende war die Tour damit noch nicht. Um 13 Uhr fiel der Startschuss für die Vaporetti. Aus allen Richtungen hörte man Motorengeräusche und sofort wurde es ungemütlich. Hektisch versuchten die Boote den Wellen Richtung Lido zu entkommen. Von dort ging es am ersten Flughafen Venedigs, dem Aeroporto Giovanni Nicelli, der in den 1960igern durch den Aeroporto Marco Polo abgelöst wurde, vorbei zurück nach Punta Sabbioni.
Gut sieben Stunden und knapp 50 Kilometer später waren alle Boote wieder unversehrt am Ausgangspunkt. Glückliche Gesichter sprachen Bände. Eine grandiose Veranstaltung mit Suchtpotenzial. „Einmal ist keinmal“ oder „nach der Vogalonga ist vor der Vogalonga“ hätte das Motto heißen können. „Vogalonga ist nur einmal im Jahr“… leider… aber auch die nächsten 364 Tage werden vorbeigehen. Wir kommen wieder, das ist sicher!
Den Tag ließen wir gemeinsam in der örtlichen Pizzeria bei leckeren Speisen und Getränken ausklingen, bevor es für einige am nächsten Tag bereits zurück in die Heimat ging. Die meisten nutzten die Pfingstferien und blieben noch bis zum darauffolgenden Samstag vor Ort.
Ein großer Dank geht an die Organisatoren der Vogalonga und deren unzähligen Helfern. Ein noch größerer Dank gebührt jedoch dem Orga-Team Andrea, Mikel, Irmie und André, das dieses Erlebnis überhaupt erst möglich gemacht hat! Danke für dieses unvergessliche Pfingstwochenende!
Corinna Schneider